Frei nach dem Motto „Mehr Tankstellen – weniger Baustellen“ ergründen die beiden Spiegel Bestseller-Autorinnen Anna Funck und Vanessa Blumhagen in jedem Kapitel ihres Buches „Die Stressmanagerinnen“ ein anderes Problem, das uns stresst oder dessen Auslöser Stress ist: von Migräne und grauen Haaren über Wechseljahresbeschwerden bis hin zu Verdauungsproblemen und Allergien. Was wir tun können, um sowohl Körper als auch Geist gesund zu halten? Sie haben die Lösung.
Was hat euch dazu bewegt, dieses Buch zu schreiben?
Ganz einfach: Wir mussten selbst feststellen, dass uns der Stress im Alltag fast aufgefressen hat, und deshalb wollten wir es wie immer ganzheitlich angehen. Bei Anna war es mörderischer Grundschulstress im Familienalltag mit drei Kindern, bei Vanessa waren es die Erkrankung und der Todesfall ihrer geliebten Französischen Bulldogge Enna. Und dazu eben noch die volle Packung Leben, Job und eigene Erwartungen. Und das wollen wir ja bestmöglich alles wuppen. Deshalb haben wir jetzt quasi eine Gebrauchsanweisung dafür geschrieben! Mit spannenden Erkenntnissen für alle Frauen. Denn wie bei unserem ersten gemeinsamen Buch „Gesund, stark, schön“ wurde uns auch bei der Recherche für „Die Stressmanagerinnen“ wieder klar, dass wir Frauen das Gesundheits- und emotionale Zentrum der Familie sind. Fühlen wir uns gut und entspannt, profitiert die komplette Familie davon und allen geht es besser.
„Zeit für handfeste Tipps ohne Sitzkreis und Klangschale” – Was zeichnet eure Herangehensweise denn genau aus?
Wir betrachten jedes Problem und jedes Zipperlein immer ganzheitlich und gehen an die Ursache ran. Denn mit Standard-Symptombehandlung ist ja niemandem geholfen. Ein schönes Beispiel sind Kopfschmerzen: Da schmeißen wir in unserer Gesellschaft gerne mal einfach eine Tablette ein. Die Schmerzen kommen nur immer wieder und dann machen wir mit der ganzen Chemie noch unsere Leber kaputt, die das alles wieder abbauen muss – und nehmen am Ende an Gewicht zu. Was viele nicht wissen: Kopfschmerzen können die Folge eines Wirbelsäulenproblems sein oder eine Histaminreaktion. Und wenn man die Ursache angeht, geht es einem dauerhaft und generell besser! Es ist ein spannendes Feld. Stress kann eben von innen wie von außen kommen.
Stress und Schnelllebigkeit wird heutzutage auch medial gepusht. Wäre ein Leben ohne Medien also die ultimative Lösung?
Die Medien und vor allem Social Media machen schon viel kaputt. Gleichzeitig ist es oft auch ein Segen, weil wir Zugang zu so vielen Informationen haben, Dinge lernen können, digitale Communities leben können, die uns bereichern. Aber wir haben natürlich auch eine Dauerberieselung – zu viel blaues Licht, das uns vom Schlafen abhält, da die Rezeptoren in unseren Augen schon nicht mehr wissen, ob es Tag oder Nacht ist. So können wir schlechter regenerieren. Und das macht uns schneller anfällig für Stress. Hier gilt mal wieder: Die Dosis macht das Gift. Also: Abends idealerweise gar nicht mehr auf Bildschirme gucken oder eben nur mit Blaulichtfilterbrille. Viel Sonnenlicht konsumieren, rausgehen und den zirkadianen Rhythmus unterstützen, um möglichst mit statt gegen die Natur zu leben. Und nachts das Handy und das Wlan ausmachen.
Auch „positiver Stress” wird ja häufig diskutiert. Wie sieht dieser aus und was haltet ihr davon?
Positiver Stress treibt uns an und macht Spaß. Wie dieses Interview, in dem man hochkonzentriert Zusammenhänge in Kürze erklärt. Das ist unserer Leidenschaft, das tut uns gut. Wenn wir aber im Cortisol-Überschuss leben und ständig vor dem imaginären Säbelzahntiger wegrennen – denn das denkt unser Körper, wenn wir uns überfordert fühlen – geht es uns natürlich schlecht. Dann müssen wir wieder runterkommen. Und das tun wir nicht mehr in diesen Zeiten – mit schlechten Nachrichten, Termindruck und Sorgen. Und genau diesen Stress müssen wir an die Kette legen.
Welche schnellen Alltagstipps gebt ihr Menschen, die akut überfordert sind – sich ihren Verantwortungen jedoch nicht einfach entziehen können?
Schlafen! Gesunder, erholsamer Schlaf ist das A und O. Heutzutage ist es hip, damit zu prahlen, wie wenig man schläft. Eine Katastrophe für den Körper. Die Folgen: Schon nach fünf Nächten schlechtem Schlaf landen wir in einer prädiabetischen Lage – die Vorstufe von Diabetes Typ 2. Dazu kommt Hormonchaos, Gehirnnebel, Verdauungsprobleme, Gewichtszunahme. Frauen brauchen 8-10 Stunden Schlaf, Männer 6-8. Das hat etwas mit dem unterschiedlichen Hormonsystem zu tun.
Stress zeigt sich oft körperlich. Warum sind gerade die Nebennieren bei Dauerstress besonders betroffen?
Die Nebennieren sind die Produktionsstätte für unsere Stresshormone. Ohne Cortisol sind wir nicht zu gebrauchen. Eine Nebennierenschwäche ist der Zustand absoluter Erschöpfung. Da hilft nicht, auszuschlafen – und auch keine drei Wochen Urlaub. Neudeutsch nennt man diesen Zustand „Burnout“. Das passiert, wenn man lange gegen seine Natur lebt, so wie wir Frauen das heutzutage notgedrungen oft tun müssen. Die Mitochondrien, die Kraftwerke unserer Zellen, sind ein anderer Ort im Körper, an dem Energie generiert wird. Eine Mitochondriopathie liegt eigentlich allen chronischen Erkrankungen zugrunde und die meisten Betroffenen wissen gar nichts davon.
Auch Lebensmittel können ja bekanntlich „Stress-Booster“ sein – wie würde also eine gute Ernährung aussehen, wenn man zu übermäßigem Stress neigt?
Bei Stress essen wir gerne süß und fettig. Das ist nur leider total kontraproduktiv, denn was wir wirklich brauchen, sind Proteine. Also Fisch, Fleisch, Eier, Nüsse. Dann geht es uns viel besser und wir sind auch stressresistenter. Kaffee ist auch eine miese Idee, der treibt nur das Cortisol in die Höhe, vor allem auf nüchternen Magen. Außerdem lässt uns zu hoher Kaffeekonsum, der gar nicht mehr abgebaut werden kann, schlecht schlafen. Im Buch haben wir ein Rezept für eine Tryptophanmilch, die uns selig schlummern lässt.
Uns begegnen täglich Gifte – aber wo lauern sie konkret?
Das Verrückte ist: Wir vergiften uns jeden Tag, ohne es zu wissen! Giftstoffe diffundieren durch unsere Haut durch Make up, Waschmittel, Weichspüler, Nagellack und Parfum. Dadurch geraten die Hormone durcheinander. Ein Gang in die Küche kann schon echt mies sein – in Form von Mikro- und Nanoplastikteilchen in Pfannenwendern, Schneidebrettern und Vorratsdosen. Geschirrspültabs verursachen einen „leaky gut“, eine löchrige Darmschleimhaut – oft der Auslöser von Allergien und Autoimmunerkrankungen. Und wenn ihr einkaufen geht: Finger weg vom Kassenbon, wenn möglich. Dadurch kann nämlich Bisphenol A und S ins Blut gelangen.
Wie beeinflussen diese Giftstoffe unsere Hormone und Stimmung?
Progesteron ist unser Wohlfühlhormon, das uns entspannt sein und gut schlafen lässt. Wenn das abfällt, geht es uns einfach nicht gut. Stress wird zum Problem – statt Progesteron wird nur noch Cortisol gebildet. Wenn uns im Körper die Hormone verrutschen, etwa in der Perimenopause, passiert genau das. Stress sorgt also für Gewichtszunahme, Schlafstörungen und ungewollte Kinderlosigkeit. Genauso wenn wir uns von außen zu viele Giftstoffe aus Kosmetika, konventionell hergestellten Lebensmitteln und Medikamenten einverleibt haben und dadurch die Hormone durcheinandergewürfelt werden. Am Ende sind wir schlecht gelaunt, gestresst und werden immer korpulenter.
Was sagt ihr jenen, bei denen gut gemeinte Ratschläge vielleicht dennoch mehr Stress und Druck auslösen?
Nichts muss sofort und vor allem nicht alles auf einmal umgesetzt werden. Viele Tipps sind ja auch: Einfach mal weglassen, reduzieren. Man muss sich nichts verkneifen, wenn man den Kaffeekonsum erstmal zeitlich etwas umstellt und dann peu à peu reduziert. Für alles gibt es zum Glück heute tolle Alternativen: Zum Beispiel giftfrei entkoffeinierten Bio Kaffee, der schmeckt wie „echter“. Es tut nicht weh, mal die Schuhe auszuziehen und zehn Minuten über Gras zu laufen, was nachweislich den Cortisolspiegel senkt. Spazierengehen kann man auch in eine Mittagspause packen und die Kollegin unterhaken. Ein Vitalpilz ist eine kleine Kapsel mit großer Wirkung, die nimmt man zum Frühstück. Am Ende des Tages muss man sagen: Wenn der Leidensdruck da ist, macht es Spaß, weil es einem schnell besser geht. Und darum geht es am Ende ja.
Instagram: @funckyanna / @vanessa_blumhagen
Zum Buch geht es HIER

mvg Verlag, Softcover, 256 Seiten, 19 Euro
Foto: © michael de boer photography