Die Hamburger Modedesignerin Pauline Luise Giere zeigt, wie sich Fashion und Nachhaltigkeit verbinden lässt. Hinter ihrem eigenen Label steckt nämlich nicht nur ein hart erarbeiteter Traum, sondern auch der Wunsch nach einer besseren Welt.
Alles begann mit dem hautnahen Miterleben unfairer Bedingungen und umweltschädlicher Methoden in der Modeindustrie. Pauline Luise Giere sah den Handlungsbedarf und liefert mit ihrem nachhaltigen Label vārm nun ein perfektes Gegenbeispiel, wie das Kreieren und Konsumieren von Mode auch aussehen kann – fair und nachhaltig. Sie selbst schafft die Veränderung in der Fashionindustrie, die so dringend vonnöten ist. Denn solange kein kollektives Umdenken stattfindet und Fast Fashion nach wie vor den mehrheitlichen Konsum bestimmt, ist es mehr als relevant, dass so wertvolle Labels wie vārm existieren. Wir sprachen mit ihr.
HAMBURG WOMAN: „vārm ist motiviert von der Frustration über die Mode-industrie.“ Was genau frustriert dich?
Pauline Luise Giere: Die Überheblichkeit, Respektlosigkeit und Hierarchie. Viele Menschen in der Mode denken, sie seien der Nabel der Welt – und tun etwas Lebenswichtiges. Im Grunde ist Mode aber schlichtweg ein Luxusgut. Außerdem verstehe ich nicht, wieso Marken sich so schwer damit tun, fair, nachhaltig und transparent zu agieren. Würden sie ethisch korrekt arbeiten, könnten sie dies auch nach außen transparent zeigen. Und wenn sie ethisch eben inkorrekt vorgehen, arbeiten sie höchstwahrscheinlich ignorant und nutzen sowohl Menschen als auch den Planeten aus, um stoisch ihren eigenen egoistischen Motiven nachzugehen.
Dein Label ist hingegen ein Beispiel, wie „fair“ Fashion sein kann. Was macht vārm besonders?
Mit vārm wollte ich eine Marke erschaffen, die kompromisslos fair, nachhaltig und divers ist. Ich möchte mich nicht nur auf eine gute Sache konzentrieren – ich möchte alles besser machen. Um dies zu erreichen, arbeite ich ausschließlich mit natürlichen, hochwertigen und zertifizierten Materialien. Es herrscht eine No-Plastic-Policy: Wir arbeiten weder in der Faser noch im Vertrieb mit Plastik. Darüber hinaus ist mir Diversität in der Bildsprache wichtig – ohne, dass diese einen anschreit. Das heißt zum Beispiel, dass ein Mann wie selbstverständlich ein Kleid trägt. Jede Hautfarbe vertreten ist. Und die Körper der Models nicht immer der in der Modeindustrie gerne vorgegebenen Norm entspricht. Unser Größenangebot ist dementsprechend breit: Wir bieten Unisex-Produkte von XXS bis XXXL an. Das ist schon eine Besonderheit. Des Weiteren nennen wir unsere Produzent*innen transparent beim Namen, denn die Produktionskette ist kurz.
Der preisliche Unterschied zwischen Slow und Fast Fashion ist oft groß. Ist es nicht unfair, dass demnach nicht alle Konsument*innen nachhaltig einkaufen können, obwohl der Wunsch möglicherweise vorhanden ist?
Dass Slow Fashion teurer als Fast Fashion ist, ist ein Vorurteil. Klar, auf dem Etikett ist es teurer. Jedoch spielt die Qualität eine unfassbar große Rolle. Die Lebensdauer von Slow-Fashion-Produkten ist aufgrund der hohen Qualität eine ganz andere. In der Fast-Fashion-Industrie werden wichtige Produktionsschritte, die Kleidungsstücke langlebiger machen, weggelassen – nur damit in kürzerer Zeit mehr produziert werden kann. Rechnerisch ist es also effektiver, in Slow-Fashion-Pieces zu investieren, anstatt immer wieder neue Produkte kaufen zu müssen. Eine weitere Möglichkeit pro Nachhaltigkeit sind Secondhand-Shops.
Wie lässt sich deiner Meinung nach ein größeres Bewusstsein für nachhaltige Mode schaffen?
Aufklärung muss früh passieren. Es gibt sehr gute Dokumentationen, die verbildlichen, was in Fast-Fashion-Produktstätten passiert. Doch sollten diese auch gezeigt werden. In Schulen zum Beispiel. Auch ein Ausflug in eine Produktstätte kann viel bewirken. Ich habe Mode studiert und wusste viel darüber – jedoch war mein erster Besuch in einer solchen Fabrik völlig neu und hat bei mir erneut mehr Bewusstsein geschaffen. Ein weiterer Punkt ist die Politik: Diese sollte sich für das Thema interessieren, es aufgreifen und Verbote sowie Kontrollen in Gang bringen.
Und wie geht es mit vārm weiter?
vārm soll nicht nur eine Modemarke sein, sondern das Konzept eines rundum fairen und transparenten Angebots. Ich möchte die Aufklärung in Form von Podiumsdiskussionen vorantreiben sowie die Kollektion vergrößern und ausbauen. Momentan arbeite ich aber erstmal daraufhin, dass „vārm & friends“ der schönste Store Hamburgs wird!
Hanna Odenwald
Die nachhaltigen und zeitlosen Pieces von vārm können sowohl online als auch vor Ort im vārm & friends Slow Concept Store in der Marktstraße 140 im Karoviertel geshoppt werden.
Mehr Infos HIER | Instagram: @varm_studios
Aufmacherbild: © David Fischer / Bilder: © Lukas Goldschmidt