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Mittwoch, 9 Oktober 2024
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    Wie gesund ist Fasten wirklich?

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    Fasten erlebt seit einiger Zeit einen Hype. Dabei ist das Prinzip uralt: Unsere Vorfahren in der Steinzeit aßen immer nur dann, wenn sie etwas erbeutet hatten – zwischen den Mahlzeiten lagen oft lange Pausen. Auch heute noch könnten wir gut längere Zeit ohne feste Nahrung überstehen. Doch wir leben im Überfluss, Essen ist immer verfügbar. Die Folge: Lebensstilbedingte Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht und Diabetes Typ-2, aber auch chronische Entzündungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen nehmen zu.


    MACH MAL PAUSE
    Wer dem entgegenwirken will, sollte daher Essenspausen einlegen. Beim Fasten wird für eine bestimmte Zeit vollständig oder teilweise auf bestimmte Speisen, Getränke und Genussmittel verzichtet. Das dient der Entlastung und der Regeneration des gesamte Organismus und all seiner Zellen. Auch die Psyche profitiert, denn der Essensverzicht ist eine ganzheitliche Erfahrung, die körperliche, aber auch mentale Veränderungen hervorrufen kann. Körper und Geist werden durch die Nahrungsrestriktion auf das Wesentliche zurückgeführt, Stress und seine gesundheitlichen Folgen werden reduziert.

    Heute ist auch wissenschaftlich belegt, dass Fasten wirkt. Es heilt Entzündungen, kann Schmerzen lindern, die Laune heben, den Stoffwechsel entlasten und kurbelt die Fettverbrennung an. Die Leistungsfähigkeit steigt, der Schlaf verbessert sich, gefährliches Bauchfett wird reduziert und der Darm gestärkt.

    MOLEKULARER ZELLMÜLL WIRD ENTSORGT
    Außerdem fördert Fasten die Autophagie – eine Art körpereigenes Recycling-System. Denn wenn der Körper nicht mit der Verdauung von Nahrung beschäftigt ist, entsorgt er molekularen Zellmüll, der sich durch Stoffwechselvorgänge in den Zellen ansammelt. Alte, geschädigte oder auch überflüssige Proteine, Fette und Zellorganellen werden abgebaut, Einzelteile danach neu verwendet. Die Autophagie hält uns gesund, Störungen der Prozesse werden mit einer wachsenden Zahl von Erkrankungen in Verbindung gebracht, von Diabetes über Krebs bis zu Parkinson. Auch der Alterungsprozess wird durch die Autophagie offenbar ausgebremst. Bedeutet: Fasten hält die Zellen jung und kann das Leben verlängern.

    SCHLANK DURCH FASTEN
    Auch ein Gewichtsverlust wird durch Fasten unterstützt. Denn in Hungerphasen greift der Körper auf seine Energiereserven zurück, die er für den Notfall in Organen und im Gewebe gespeichert hat. Ob der Abnehmerfolg von Dauer ist, liegt dann jedoch an uns selbst. Wer nach einer Fastenkur direkt wieder in die alten Ernährungsmuster verfälllt, muss sich nicht wundern, wenn der Jo-Jo-Effekt eintritt. Man sollte deshalb immer auf eine dauerhafte Umstellung der Ernährungsgewohnheiten setzen. So kann man das Gewicht dann tatsächlich auch langfristig halten. Moderate Bewegung unterstützt das Fasten zusätzlich. Schwimmen, Spaziergänge, Fastenwanderungen, Yoga und Qigong sind ideal. Die Bewegung fördert die Autophagie, außerdem erhöht Fasten in Kombination mit Bewegung die Ausschüttung und Wirkung von Wachstumshormonen in den Tiefschlafphasen. Bei Kindern wurde dadurch etwa ein verbessertes Längen- und Knochenwachstum festgestellt, bei Erwachsenen ein besserer Fettabbau.

    MIT INTERVALLFASTEN STARTEN
    Einzig: Fasten ist keine Pille, die man einfach einnehmen kann. Man muss schon etwas dafür tun, sich aktiv in Verzicht zu üben. Wenn die Vorstellung unbehaglich ist, dem sei gesagt: Ans Fasten gewöhnt man sich. Und jede findet eine Fastenart, die zu ihr passt. Gut für Einsteigerinnen und besonders alltagstauglich ist etwa Intervallfasten. Es ist keine zeitlich begrenzte Kur, sondern wird dauerhaft durchgeführt. Ganz nach dem Motto: It’s not a diet, it’s a lifestyle. Und wer darf überhaupt eine Fastenkur machen? Grundsätzlich fast jede. Schwangere, Stillende und Schwerkranke sollten nicht fasten, bei chronischen Krankheiten oder anderen Beschwerden muss vorher das Go vom Hausarzt eingeholt werden. Einsteigerinnen wird empfohlen, mit einer professionell begleiteten, individuell angepassten Kur zu beginnen. Ein gesunder, fastenerfahrener Mensch, der ein gutes Körpergefühl hat und sich mit den Bedürfnissen seines Körpers gut auskennt, kann dann aber später auch allein fasten.

    VIELE MODERNE KONZEPTE
    In Sachen Ernährung wurde in den letzten Jahren vieles, was lange als gesund galt, durch neue Studien widerlegt. So weiß man zum Beispiel heute, dass der hohe Konsum von Weißmehlerzeugnissen und tierischen Produkten Hand in Hand mit der Zunahme von Zivilisationskrankheiten geht, weil sie unter anderem stark säurebildend sind und Entzündungsprozesse im Körper fördern. Kuren wie die „F. X. Mayr”-Kur gibt es heute deshalb auch schon als vegane Variante. Das Prinzip Fasten, so alt und bewährt es auch ist, darf also immer wieder auch neu gedacht werden – und ist damit zeitgemäßer denn je.

    Unter die bewährten Fastenkuren fallen u. a. das Basenfasten, das Heilfasten nach Buchinger, die F. X. Mayr-Kur sowie das beliebte Intervallfasten. Wir erläutern das Grundprinzip jener Kuren genauer:

    BASENFASTEN
    In der Naturheilkunde wird dem Säure-Basen-Haushalt eine besondere Bedeutung für unsere Gesundheit zugeschrieben. Wer sich ungesund ernährt, übersäuert seinen Körper. Die Folge: Abgeschlagenheit und Verdauungsprobleme, aber auch verschiedene Krankheiten wie Gicht oder Osteoporose. Beim Basenfasten soll der Körper entsäuert und der Säure-Basen-Haushalt wieder in Balance gebracht werden. Auf dem Speiseplan stehen ausschließlich basische, nährstoffreiche Lebensmittel – darunter viele Obst- und Gemüsesorten, Kräuter, Pilze, Keimlinge, Samen und Kerne, einige Nüsse und hochwertige Öle. Säurebildende Lebens- und Genussmittel wie Fleisch, Fisch, Brot, Süßigkeiten, Milchprodukte, Weißmehl, Eier, Fertigkost, Kaffee, Alkohol und Nikotin sind tabu.
    Da nicht komplett auf feste Nahrung verzichtet werden muss, ist Basenfasten besonders sanft und ideal auch für alle, die das erste Mal fasten.

    HEILFASTEN NACH BUCHINGER
    Der Arzt Otto Buchinger (1878-1966) gilt als Begründer des Fastens. Seine Methode ist eine der bekanntesten überhaupt und wohl das, was viele sich unter dem Begriff Fasten vorstellen: nämlich so gut wie gar nichts zu essen. Beim Heilfasten nach Buchinger sind ausschließlich kalorienfreie Getränke (Wasser, ungesüßter Kräutertee) erlaubt, außerdem in Maßen Gemüsebrühe und etwas Eiweiß, um dem Körper eine geringe Menge Energie zuzuführen. Zu Beginn des ersten Fastentages erfolgt eine Darmreinigung, die Kur selbst dauert in der Regel zwischen einer und vier Wochen.
    Es kann zu Kreislaufbeschwerden oder Kopfschmerzen kommen – Heilfasten sollte nur unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden.

    F. X. MAYR-KUR
    Mit der „F. X. Mayr”-Kur hat der österreichische Naturarzt Franz Xaver Mayr (1875-1965) eine Fastenkur entwickelt, die auf der Erkenntnis beruht, dass die meisten gesundheitlichen Probleme durch die Überforderung des Verdauungstraktes hervorgerufen werden. Die vier Säulen sind Schonung, Säuberung, Schulung und Substitution. Durch sehr leichte Kost werden der Körper geschont und der Darm gesäubert. Bewusstes Essen soll erlernt und der Körper durch Substitution bestimmter Nähr- und Vitalstoffe unterstützt werden.
    Inzwischen gibt es moderne Konzepte der „F. X. Mayr”-Kur mit breiterem Nahrungsangebot oder auch basierend auf einer komplett pflanzlichen Ernährung.

    INTERVALLFASTEN
    Beim Intervallfasten wird tage- oder stundenweise auf Nahrung verzichtet. Das entlastet den Stoffwechsel und fördert körpereigene Recycling-Prozesse. Da es keine Komplizierten Regeln und Pläne gibt, ist die Fastenart gut in den Alltag integrierbar. Zu den beiden bekanntesten Arten gehören das 16:8- und das 5:2-Fasten. Beim 16:8-Fasten wird eine 16-stündige Fastenzeit eingehalten, in einem Zeitfenster von acht Stunden darf gegessen werden. Wer abends um 20 Uhr das letzte Mal isst, startet also am nächsten Tag um 12 Uhr mit dem Mittagessen, davor sind lediglich kalorienfreie Getränke wie schwarzer Kaffee, Wasser oder ungesüßter Tee erlaubt. Beim 5:2-Fasten isst man an fünf Tagen der Woche normal, an zwei frei wählbaren Tagen wird gefastet. Frauen sollen an diesen Tagen maximal 500, Männer maximal 600 Kilokalorien zu sich nehmen. Intervallfasten kann so beim Abnehmen helfen, stärkt das Immunsystem und soll vor verschiedenen Krankheiten schützen können.
    Da die Phasen ohne Kalorienzufuhr beim Intervallfasten zeitlich begrenzt sind, fällt diese Fastenart vielen leichter. Intervallfasten ist so als langfristige Ernährungsumstellung geeignet und kann dauerhaft durchgeführt werden. Wer Gewicht verlieren möchte, muss bei beiden Varianten darauf achten, sich in den Essensintervallen gesund und ausgewogen zu ernähren. Zwischen den einzelnen Mahlzeiten sollten immer mindestens vier Stunden liegen, auf Snacks sollte man verzichten.

    Bilder: © Pexels-Pixabay/ © Adobe Stock