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Dienstag, 11 Februar 2025
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    StartFashionSlow Fashion - Mode im Wandel

    Slow Fashion – Mode im Wandel

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    Die junge Designerin Hannah-Louis Bär lebt für ihre Leidenschaft – und schafft sich ihren Platz in der Modewelt. Uns gewährte sie einen exklusiven Blick hinter die Kulissen, sprach über Diskrepanzen in der Branche und wieso „Fast Fashion” out sein sollte.

    Mit elf Jahren setzte sich die Designerin das erste Mal an die Nähmaschine ihrer Mutter. Sie entwarf Taschen und Kissen, experimentierte mit Stoffen und eignete sich immer mehr Wissen über das Nähen an. Schon bald widmete sie sich mit Hilfe von Büchern und Videos dem Herstellen von Kleidungsstücken. Mit 18 Jahren absolvierte sie ihr Abitur – und tanzte auf ihrem Abschlussball in ihrem selbst genähten Abendkleid.
    Hamburger Designerin Hannah-Louis Bär


    HAMBURG WOMAN: Nach dem Abitur hast du dich entschieden, Modedesign zu studieren. Magst du uns mehr darüber erzählen?
    Hannah-Louis Bär: Ich wollte meiner Leidenschaft auch im akademischen Sinn nachgehen. Im Studium durfte ich unglaublich viel lernen. Zum Beispiel die detaillierte Herangehensweise einer Kollektionserstellung: Von der Schnitterstellung über Verarbeitungstechniken bis hin zum Nähen des fertigen Kleidungsstückes. Ich durfte eigene Ideen realisieren und diese in ganze Kollektionen transformieren. Es gehört so viel mehr zur Arbeit als Designer*in dazu – besonders, wenn man neu in der Branche ist.

    Wie ging es danach weiter? Es ist ja kein Geheimnis, wie ernüchternd der Berufseinstieg als Jungdesigner*in sein kann.
    Dem kann ich leider nur zustimmen. Die Modebranche ist kompliziert: Man wird konfrontiert mit starker Konkurrenz, finanziellen Bürden und ungleichen Voraussetzungen. Nach meinem Abschluss war ich motiviert, meine erlernten Fähigkeiten in der internationalen Modebranche unter Beweis zu stellen – doch musste schnell realisieren: Studium plus Praktikum genügt nicht. Ich bewarb mich überall. Das Resultat? „Aufgrund von fehlender Berufserfahrung sind Sie für diese Stelle leider nicht geeignet.” Also entschied ich mich für weitere Praktika. Da diese in der Fashionbranche jedoch meist unbezahlt sind, kellnerte ich nebenbei, um über die Runden zu kommen. Anschließend arbeitete ich zwei Monate in einem Hamburger Unternehmen als bekleidungstechnische Assistentin, bis mich die Zusage für ein Praktikum bei Karl Lagerfeld nach Amsterdam zog. Die Zeit dort war unfassbar wertvoll! Und dennoch schlummerte in mir der Traum von einem eigenen Label. Als ich schließlich zurück nach Hamburg zog, hatte ich endlich den Mut, diesem nachzugehen – und gründete mein Label LOUiS.

    Und das mit Erfolg. Du scheinst bereits eine ganz klare Linie zu haben. Wie entwickelte sich deine Designsprache?
    Als Kind bin ich mit meiner Familie regelmäßig nach Schweden gereist. So habe ich meine Faszination für das skandinavische Lebensgefühl entwickelt. Und das spiegelt sich in meinen Designs wider. Meine Kollektion LAGOM steht für genau diese Mentalität. Außerdem lege ich viel Wert auf Nachhaltigkeit. Ich verwende nur qualitativ hochwertige Biomaterialien, die eine lange Tragezeit ermöglichen. Und: Jedes meiner Kleidungsstücke wird im „made to order”-Prinzip – also erst auf Anfrage – in Hamburg hergestellt. So werden keine Ressourcen verschwendet und die Lieferwege kurz gehalten.

    „Ich wünsche mir, dass sich meine Kund*innen in meinen Designs stark & selbstbewusst fühlen”, erklärt H.-L. Bär.
    Kollektion LAGOM

    Stichwort Nachhaltigkeit: Das „Fast Fashion”-Modell dominiert nach wie vor die Industrie. Wie erlebst du das Ganze?
    Ich persönlich stehe diesem Thema sehr kritisch gegenüber. „Fast Fashion” ist ein Geschäftsmodell, welches inkludiert, dass innerhalb kürzester Zeit unheimlich viele trendbezogene Kollektionen produziert werden. Dabei wird jedoch keinerlei Rücksicht auf Arbeitsbedingungen oder Nachhaltigkeit genommen. Das Problem: Es funktioniert. Ich wünsche mir sehr, dass sich das irgendwann ändert. Denn: Mode geht auch anders! Mir zum Beispiel ist es wichtig, Kleidungsstücke zu designen, die zeitlos sowie individuell kombinierbar sind und über mehrere Saisons hinweg getragen werden können, damit diese nicht nach drei Monaten weggeschmissen werden, weil sie nun „out” sind. Wenn diesbezüglich ein Umdenken stattfinden würde, wäre nicht nur vielen Designer*innen, sondern auch unserer Umwelt geholfen.

    Nun ist es für einen Großteil der Otto Normalverbraucher*innen oft eine Geldfrage.

    Das ist richtig. Doch der Überkonsum besteht ja dennoch. Häufig ist es so: Je günstiger die Ware ist, desto mehr wird gekauft. Also kommen Käufer*innen am Ende des Tages auf die gleiche Summe raus, denken jedoch, sie hätten gespart. Im Prinzip ist das eine Frage der Einstellung. Ich persönlich halte mehr von dem Credo: Lieber einmal mehr investieren und dadurch von nachhaltiger Qualität profitieren, anstatt Kleidung anzuhäufen, die nach kurzer Zeit sowieso wieder ersetzt wird.

    Was sollte sich also langfristig in der Fashionindustrie verändern?
    Kleidung sollte wieder wertgeschätzt werden. Weniger Marketingstrategien, um den Konsum zu pushen – und mehr Bewusstsein. Mitunter kommt es mir vor, als entgleist uns der Ursprung der Dinge. Vielleicht sollte man sich wieder vermehrt die Frage stellen, was Fashion wirklich bedeutet. Außerdem würde ich mir wünschen, dass die Modebranche einen einfacheren Einstieg für Absolvent*innen ermöglicht. Da hoffe ich auf gleiche Chancen für alle! Hanna Odenwald

    Mehr Infos HIER / Instagram: @design.louis

    Bilder: © Olivia Lehmann